Das Loben üben

Brücke mit vielen Pfeilern
Vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen.

Irgendwann kommt der Punkt an dem man das Gefühl hat, alle Mühe wäre vergebens: „Jetzt arbeite ich schon so lange an diesem Thema und komme nicht weiter! Nichts verändert sich!“ Die Verzweiflung und Ohnmacht, die sich dann in jede Zelle frisst, kann ich mit Worten nicht beschreiben. Wer sie kennt, weiss, was ich meine. Das Naheliegende ist dann – leider – sich selbst noch mehr zu kritisieren. Die meisten von uns haben es so gelernt.

Wo liegt der Fokus? Weg von der Kritik

Überhaupt ist Kritik oft selbstverständlicher als Lob: „Was soll ich mich loben? Ich schaffe es ja immer noch nicht, mich zu hmm hmm hmm (ein Ziel nach Wahl einsetzen).“ Hier liegt der Fokus auf dem vermeintlichen Fehler, dem Defizit, und vor allem auf dem Weg, der noch zu gehen ist, obwohl die Reise bis hierher bereits lang und anstrengend war. Durch diesen Fokus wird ein Versagen verankert, wo kein Versagen war. Denn nur weil wir keinen Fortschritt wahrnehmen, heisst es nicht, dass da kein Fortschritt ist.

Seine Fortschritte wahrnehmen

Es ist deshalb wichtig, von Zeit zu Zeit bewusst einen Schritt zurück zu machen und in Gedanken die Vergangenheit zu scannen:

  • Wie war es in Bezug auf mein schwieriges Thema vor ein, drei, fünf Jahren?
  • Was konnte ich damals – was kann ich heute?
  • Wen hatte ich damals in meinem Leben – wer begleitet mich heute?
  • Wie war mein Verhältnis zum Thema damals – wie ist es heute?
  • Wie lange ging es damals, bis ich merkte, dass mir etwas oder jemand nicht gut tut – wie lange dauert es heute?
  • Wie stark respektierte ich mich damals und hörte auf meine Gefühle – wie respektiere ich mich heute und auf welche meiner Gefühle höre ich heute?
  • Wo ist etwas besser geworden?

Dabei ist es wichtig, ins Detail zu gehen. Zum Beispiel: „Ich habe immer noch Probleme mit dem Essverhalten, ABER es dreht sich nicht mehr alles ausschliesslich ums Essen und ich gehe auch mal mit Bekannten einen Kaffee trinken.“ oder „Ich kann mein Knie noch nicht richtig beugen, ABER ich kann wieder Treppen steigen.“
Ich habe es weder in meinem eigenen Leben  noch in der Praxis erlebt, dass sich keine positiven Veränderungen finden konnten. Immer war da etwas, das sich in die gewünschte Richtung entwickelt hatte und einem die Kraft geben konnte, weiter zu machen.

Seine Fortschritte anerkennen

Würdige deine Entwicklung und deine Anstrengungen! Halte alle positiven Veränderungen auf einem Blatt Papier fest. Lass dabei auch „Kleinigkeiten“ gelten, denn du hast sie hart erarbeitet. Ist diese Zusammenstellung gemacht, gilt es, das Loben zu üben: „Ich habe es gut gemacht! Ich nehme meine Fortschritte (auch die vermeintlich kleinen) wahr und wertschätze sie.“ Dieser Schritt ist vielleicht schwierig, weil die innere Stimme, dieses ausgesprochen penetrante Weib- oder Männlein, es nicht gewohnt ist, positiven Input zu geben und heftig widerspricht. Hier könnte es nötig sein, sich mit jemandem auszutauschen, dem du vertraust. Du kannst gemeinsam mit dieser Person die positive Veränderung wahrnehmen und schätzen lernen. Oder du schaust dir deine Liste an und hältst dir die Stirnpunkte.

Meine Dosis Lob gib mir heute!

PS. Wer eine Dosis Lob brauchen kann und seine Liste gerade mit niemandem aus seinem Umfeld besprechen kann oder will, kann mir eine Liste mailen oder einen Kommentar schreiben. Ich werde gerne loben 🙂

Wer mehr über innere Biester lesen möchte, kann dies hier tun.

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