Low Carb, Low Fat… Low Fun!?

Bild eines etwas dümmlich in die Kamera schauenden Piraten
Was hat ein Pirat mit Ernährung zu tun?

Die neusten Erkenntnisse zur Ernährung von heute…

… werden bereits morgen von neuen neusten Erkenntnissen zur Ernährung abgelöst sein: Eier sind böse war gestern, heute sind Eier gut! Und wer noch denkt, dass Fett bäh ist, outet sich sogleich als altmodisch, denn Low Carb schlägt Low Fat; zumindest in den letzten fünfzehn Jahren. Wie dies in den nächsten fünfzehn aussehen wird, werden die Studien zeigen. Und wenn ich jetzt die Eine oder den Anderen „Studien sind das Orakel von heute“ murmeln höre, fällt mir kein Argument dagegen ein. Die Ernährungsberaterin Monika Müller beschreibt in ihrem Artikel „50 Jahre Ernährungsempfehlungen – die Ernährung im Wandel der Zeit“ („Tabula“ 3/15, Schweizerische Gesellschaft für Ernährung SGE) das Hüst und Hott in der Geschichte der Ernährungsempfehlungen und kommt zum Schluss:

„Für die Erhaltung der Gesundheit und in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Übergewicht gelten aber die gleichen Regeln wie vor 2300 oder 50 Jahren. Also gehen wir 2300 Jahre zurück und zitieren Aristoteles:
«Und ebenso zerstören Speise und Trank, wenn man sie im Übermass oder in zu gierigem Masse zu sich nimmt, die Gesundheit.»“

Orientierungshilfe Lebensmittelpyramide

In der Ernährungspyramide werden die verschiedenen Lebensmittelgruppen dargestellt. Die Basis bilden die Getränke, dann folgen a) Gemüse und Früchte b) Stärkehaltige Lebensmittel wie z.B. Reis, Kartoffeln c) Eiweisse wie z.B. Fleisch, Fisch und Milchprodukte d) Öle und Fette e) Süssspesen und Knabberzeugs. Durch die Pyramidenform ergibt sich gleichzeitig eine Mengenangabe: je höher das Lebensmittel eingezeichnet ist, desto weniger sollte davon konsumiert werden.
Ernährungspyramide der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung

Es wäre jedoch zu einfach, daraus zu schliessen, dass es unwichtig ist, was und wie wir essen. Nur die Mengen zu beachten ist leider nicht genug. Vielmehr ist es wichtig, nicht in Extreme zu fallen, weder in Bezug auf die Menge, noch in der Zusammenstellung der Mahlzeiten. Als Orientierungshilfe kann die Lebensmittelpyramide der SGE  dienen. Auch die Publikationen der SGE sind hilfreich, speziell das Büchlein  „Im Gleichgewicht“ kann ich empfehlen. Es richtet sich zwar an Menschen, die Gewicht verlieren möchten, liefert jedoch auch anderen wichtige Impulse rund ums Essen aus ganzheitlicher Sicht.

Ausgewogen und entspannt

In einer perfekten Welt ässen wir alle ausgewogen und entspannt fair produzierte, glücklich gestorbene oder geerntete Lebensmittel. Die Wirklichkeit sieht meist anders aus, denn die Wenigsten möchten sich vertieft mit Ernährung, Essverhalten und Nahrungsproduktion auseinandersetzen. Das kann ich – nicht nur aus oben genannten Gründen – gut nachvollziehen. Es ist wirklich deprimierend, im Supermarkt das Kleingedruckte auf den Packungen zu lesen und sich jedes Mal zu überlegen, ob der Inhalt a) gesund, b) fair produziert, c) mit möglichst wenig Gift hergestellt, d) frisch oder  e) ohne böse E-Nummern ist. Nicht zu vergessen, dass es f) auch schmecken soll, g) einfach zuzubereiten sein muss, h) zum aktuellen Inhalt meines Kühlschrankes und – falls ich einer Diät folgen muss – auch i) zu meinem Essplan passen soll.

Labels und Läden helfen beim Einkauf

Das Einkaufen geht schneller, wenn man sich seine Geschäfte gut aussucht. Wenn ich zum Beispiel in einen Bioladen gehe, muss ich mir nicht überlegen, ob mein Essen ohne Gift und fair produziert auf den Tisch kommen wird. Und auch das E-Nummernproblem stellt sich nicht. Ich kann mich aber auch an Labels orientieren und im Supermarkt einkaufen. Und wichtig, ich darf auch mal eine Fünf gerade sein lassen und auf einen oder zwei Aspekte fokussieren, die mir im Moment wichtig sind. Gerade bei einer Ernährungsumstellung ist es besser, das Ganze einfach zu gestalten. Denn die Umstellung an sich ist Herausforderung genug.

Auswärts und zuhause, alleine und gemeinsam

Vielen fällt es schwer, für sich zu kochen. „Für mich alleine lohnt sich der Aufwand nicht“, höre ich immer wieder in der Praxis. Essen ist neben Lebensgrundlage auch soziales Ereignis.

Wenn wir jemanden näher kennen lernen wollen, laden wir ihn oder sie zum Essen ein. Möchten wir uns bedanken oder versöhnen, laden wir zum Essen ein.  Sterben wir, laden unsere Lieben vielleicht zum Leidmahl ein… Die Chance, dass eine Ernährungsweise aufgegeben wird, wenn sie im Restaurant, der Kantine oder bei Einladungen nicht eingehalten werden kann, ist riesig. Das folgende Diagramm – das den Verlauf dreier Diäten dargestellt – zeigt dies sehr deutlich:

Auf dem Diagramm ist deutlich zu sehen, wie das Gewicht der Diäthaltenden bei jeder Diät rasant zurückgeht. Wäre ich eine Skifahrerin, würde ich mich nicht auf diese Skipiste trauen, sie wäre mir zu steil. Nach etwa einem halben Jahr steigen die Kurven parallel wieder an und flachen dann ab.
Ergebnisse der 3 untersuchten Diäten (Diagramm)

Shai I, et al. Weight loss with a low-carbohydrate, Mediterranean, or low-fat diet. New England Journal of Medicine, 2008.

In den ersten drei Monaten der Diät fällt das Gewicht der Probanden rapide, im vierten und fünften flacht die Kurve ab und ab dem sechsten nehmen alle Teilnehmenden der Studie wieder zu. Dies wohlgemerkt, obwohl während der ganzen Studiendauer Beratungen bis hin zu Mahlzeitendiensten (!) angeboten wurden. Auch die Art der Diät spielte keine grosse Rolle. Nach sechs Monaten ist bei allen Teilnehmenden etwas passiert, das zu einer Gewichtszunahme führte. Ich wage die Behauptung, dass ein wichtiger Faktor dieser Wende die mangelnde Alltagsverträglichkeit der Diäten war.

Ernährung ist ein Marathon, kein Sprint

Bei einer Ernährungsumstellung ist meiner Meinung nach darauf zu achten, dass die neue Ernährungsart und unser Privat- und Berufsleben langfristig zusammenpassen. Die neue Art zu essen muss zur Gewohnheit werden. Dies wiederum fällt uns leichter, wenn uns essen Spass macht und die „Opfer“, die wir bringen müssen, erträglich sind. Vor Kurzem habe ich im Netz folgende Diät-Anleitung gelesen:  „Die Sojabohnen können den Tofu ersetzen. Eine Tasse sind 19,9 Gramm Kohlenhydrate.“ Aha! dachte ich mir, 19,9 Gramm! Nicht 20, nicht 19,7 sondern exakt 19,9…. Bei solchen Anleitungen bleibt mir nur eines: wegrennen!

Low Carb oder Low Fat, Trenn- oder Steinzeitkost, Petra- oder Brigittediät… welche Absicht wir auch immer mit einer Ernährungsumstellung verfolgen: Der Erfolg misst sich nicht ausschliesslich in Kilogramm und besseren Blutwerten, sondern vor allem in der Dauer.  Und die Grundvoraussetzung für diese Langfristigkeit sind die Machbarkeit im Alltag und die Freude am Essen.

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